Leben ohne Chef
Ohne Chef gehts auch. Viel mehr Unternehmen als man denkt, machen es schon vor. Die bekannteste Erfolgsgeschichte ist die des Brasilianers Ricardo Semler. Der demokratisierte als Geschäftsführer sein Unternehmen Semco S/A radikal, bezog jeden einzelnen Mitarbeiter stärker in Entscheidungen ein – und schaffte es, innerhalb von zwanzig Jahren die Anzahl der Beschäftigten von 90 auf 3000 zu erhöhen und dabei auch noch die Umsätze rasant zu steigern.
Ganz ohne Führung geht das zwar nicht, aber Semler verteilte die Macht und demokratisierte Entscheidungen. So wählen die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten, bestimmen ihre eigenen Arbeitszeiten und Gehälter. Es gibt keine Geschäftspläne, keine Personalabteilung, fast keine Hierarchie. Alle Gewinne werden per Abstimmung aufgeteilt, die Gehälter und sämtliche Geschäftsbücher sind für alle einsehbar, die Emails dafür strikt privat und wie viel Geld die Mitarbeiter für Geschäftsreisen oder ihre Computer ausgeben, ist ihnen selbst überlassen. Ausgelöst wurde der Gedanke eines vollkommen neuen Konzepts, indem die Mitarbeiter nicht nur einfach Mitarbeiter, sondern auch einfach als Menschen gesehen werden, durch den eigenen körperlichen Zusammenbruch Semlers. Dabei wurde ihm klar, dass er das Unternehmensmodell vollkommen überdenken müsse.
Sein Buch „Das Semco System – Management ohne Manager“ ist im Moment leider nur auf englisch zu bestellen The Seven-Day Weekend: A Better Way to Work in the 21st Century
Zitat: „Dieses Buch möchte die klare Philosophie und Praxis erläutern, die Semco zu einem der weltweit verrücktesten Arbeitsplätze gemacht hat. Seien Sie gewarnt – viele unserer Grundsätze fordern selbst die progressivsten Unternehmer und Manager heraus. Unsere Architektur ist wirklich die Summe aller konventionellen Business- Praktiken, die wir vermeiden. Es ist einfacher zu sagen, was es nicht ist, als was es ist. Es ist das Fehlen von formaler Struktur, die Art und Weise, wie wir Kontrolle abgeben, so dass die Arbeiter ihren Interessen und ihren Instinkten folgen können, wenn sie Projekte oder Arbeitsfelder auswählen. Wir insistieren darauf, dass die Arbeiter zu erst ihre persönlichen Herausforderungen und Zufriedenheit suchen, bevor sie versuchen, die Ziele des Unternehmens zu erfüllen. Es ist die Art und Weise, wie wir unsere Mitarbeiter ermutigen durch ihren Tag und die Woche umherzuschweifen, so dass sie sich in neue Ideen und Geschäftsfelder mäandrieren. Es wird deutlich in der Art und Weise, wie wir Demokratie und offene Kommunikation umarmen und zu Fragen und Dissens ermutigen.“
Dass diese Erfolgsgeschichte kein Einzelfall ist, beweist die Liste der 40 demokratischsten Arbeitgeber auf der Welt, die die kanadische Organisation Worldblu jedes Jahr veröffentlicht. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zeigt die Auflistung, wie erfolgreich Unternehmen mit einflussreichen Mitarbeitern sein können. Neben kleinen Non-Profit-Organisationen und zugleich künstlerisch und kommerziell orientierten Kollektiven werden auch Größen wie etwa das kalifornische Unternehmen Davita, das immerhin 30.000 Mitarbeiter hat, genannt. Laut zeit-Online scheint auch einigen großen US-amerikanischen Unternehmen, die auch ohne Hierarchien arbeiten, das Sytem gut zu bekommen. Der Tomatenverarbeiter Morning Star, Umsatz: 540 Millionen Euro im Jahr, wächst nach eigenen Angaben zweistellig; der Textilproduzent W. L. Gore, bekannt für seine Marke Goretex, ist sogar seit mehreren Jahrzehnten fast hierarchiefrei, inzwischen erwirtschaften dort rund 8.000 Mitarbeiter einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro.
In der Berliner Unternehmensberatung partake gibt es seit einem halben Jahr keine Hierarchien mehr und auch hier steigerte sich der Umsatz um 20 Prozent. Die Mitarbeiter müssen nur 180 Tage im Jahr nachweisen, an denen sie, ganz gleich, in welcher Form, an Ideen und Projekten gearbeitet haben. Natürlich kann man die übrigen 36 Tage ebenfalls dazu nutzen, sich in der Firma weiter einzubringen. Man kann aber auch zu Hause auf dem Sofa liegen. Mehr bei Zeit-Online.
Schon seit Jahren mein Vorbild, ich bin immer wieder auf’s Neue begeistert, wenn ich einen Bericht darüber lese. Danke! 🙂
unglaublich, unfassbar, einfach der burner für mich im moment…
Vielleicht ein interessanter link zu dem Thema: http://www.ohne-chef.org. Da sind zwar erst 11 Betriebe ohne Chef aufgeführt, aber die sind wohl auch noch in der Testphase…