Poesie: November

Lesezeit 1 Minute –

Solchen Monat muss man loben:

Keiner kann wie dieser toben, 

Keiner so verdrießlich sein 

Und so ohne Sonnenschein! 

Keiner so in Wolken maulen,

Keiner so mit Sturmwind graulen!

Und wie nass er alles macht! 

Ja, es ist ’ne wahre Pracht.



Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter, 

Wie sie tanzen in dem Wind

Und so ganz verloren sind!

Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt

Und sie durcheinanderwirbelt

Und sie hetzt ohn’ Unterlass:

Ja, das ist Novemberspaß! 



Und die Scheiben, wie sie rinnen!

Und die Wolken,
wie sie spinnen

Ihren feuchten Himmelstau

Ur und ewig, trüb und grau! 

Auf dem Dach die Regentropfen:

Wie sie pochen, wie sie klopfen! 

Schimmernd hängt’s an jedem Zweig, 

Einer dicken Träne gleich.



O, wie ist der Mann zu loben,

Der solch‘ unvernünft’ges Toben

Schon im Voraus hat bedacht 

Und die Häuser hohl gemacht!

So, dass wir im Trocknen hausen

Und mit stillvergnügtem Grausen

Und in wohlgeborgner Ruh 

Solchem Gräuel schauen zu!

Heinrich Seidel (1842-1906)

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Ein Kommentar

  1. Ich finde den November gar nicht so schlimm. Es ist schön ruhig draußen; wenn man aufmerksam durch die Natur geht, entdeckt man auch noch erstaunlich viele kleine Blüten. Es gibt noch wenig Eis und Schnee, und von den Tageslichtstunden her ist er meines Wissens nach sogar noch etwas besser als der Januar!

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