Karfreitag

Er passt nicht in den Frühling, nicht zum frischen Grün und den blühenden Sträuchern, nicht zum goldgelben Löwenzahn, der überall leuchtet.
Er passt nicht zu Ostern, er passt nicht zur Aufbruchstimmung, schon gar nicht zu unseren Wünschen.
Und doch ist er da. Und zieht uns in seinen Sog. Nicht immer, und irgendwie eben doch. In unseren Breitengraden seit mehr als tausend Jahren ein Tag der Trauer, auch der Wut, der Ohnmacht, der Angst. Gar nicht schön.
In den letzten Jahrzehnten darum verborgen hinter den Osterurlauben, den Ostereiern, den Osterferien. Ein freier Tag, doch begrenzt: keine Partys, jedenfalls keine öffentlichen, keine laute Musik, keine kirchlichen Trauungen. Man kann das ignorieren – doch ganz weg ist es nicht.
Denn gleichzeitig ragt seine Stimmung, seine lange Vergangenheit und seine Geschichte heraus aus der Festtagsstimmung, hinein in unser Unbewusstes. In der Geschichte, in der Erde und epigenetisch auch in uns gespeichert.
Ein erratischer Block, um den wir herum“eiern“ und der uns auf seltsame Art gefangen hält. Und je weniger loslässt, je mehr wir ihn ausblenden wollen. Mit dem Finger auf ihn zeigen: Er verdirbt uns den Frühling.
Zum Leben (auch im Frühling) gehört – gleichwertig! – jedoch das Scheitern – von den Magnolienblüten, die, erst halb aufgeblüht, in einer Frostnacht erfroren sind, über Krankheit, Tod und Trauer bis zur persönlichen und kulturellen Erfahrung des Karfreitags. Das ist nicht an diesen Tag gebunden, doch die Gleichzeitigkeit von beidem wird uns um Ostern deutlicher bewusst. Das kann jederzeit passieren, und wir wissen: verdrängen ist nicht hilfreich. Doch natürlich müssen wir es auch nicht zwanghaft zelebrieren, Leiden ist nicht besser – oder gar heiliger – als leben. Das ist – oder war – eine Lüge, die dem Patriarchat diente.
Sollte sich also die eine oder der andere über die eigene Stimmung am Karfreitag wundern oder ärgern – sei liebevoll mit dir und dem Tag.
Das hier ist mehr als deine eigene Laune.
Vielleicht hilft hinausgehen und mit der Erde sprechen, anerkennen, wie lange sie schwer an diesem Tag zu tragen hatte, wie viel Blut und Schmerz sie getrunken hat bei Karfreitags-Pogromen und Trauerprozessionen, wie viele Tränen sie gekostet hat.
Fühle mit ihr.
Mit deinen Ahninnen und Ahnen, die diesen Tag in verordneter und gleichzeitig echter Trauer verbracht haben, die sechs Wochen vorher schon begann.
Es kann gut sein, dass du das energetisch noch spürst. Fühle also auch mit dir. Vielleicht sogar mit Jesus und seinen Lieben; mit den verirrten Seelen damals und heute, die „kreuzige ihn“ schreien in so vielen Formen.
Deren Ohnmacht und Ablehnung der eigenen Trauer zu bitterem Hass geführt hat und führt.
Ab-Spaltung und Ent-Ladung statt Hinfühlen und Weichwerden.
Werde also weich am Karfreitag, wenn es für dich passt.
Schau, ob und was dieser Tag mit dir macht.
Wenn es dir großartig geht, umarme das! Wenn du „komisch“ drauf bist, halte das.
Fühle mit dir, was du auch fühlst.
Und sei liebevoll mit dir, wenn das nicht zu deinen Vorstellungen von diesem Tag passt. Auch mit anderen. Die gerade anders drauf sind als du.
Jede*r hat eine eigene Geschichte, mit diesem Tag und überhaupt, und einen individuellen Bezug zum kollektiven Un-Bewusstsein.
Es ist gut, sich auch daran zu erinnern.
Und dann rein zu spüren: Wie ist er für mich, der Karfreitag 2025?
Liebe Frau Kanitz, von Herzen Danke 🙏🏽 ❤️ für diese Worte Zeilen Sätze. Es trifft mein Gefühl von heute, diesen heutigen und den morgigen Tag, wieder einmal bewusster zu erleben, ihn nicht wegzuschieben und nur die Osternacht zu sehen. Danke ☺️
Gerne möchte auch ich mich für diesen in die Tiefe gehenden, klugen und mitfühlenden Beitrag bedanken.
Karfreitag hat für mich immer so etwas diffuses, in alle Richtungen ziehendes.
Da bin ich gespannt wie ich den Tag morgen wahrnehme und durchlebe.
Herzensdank
Liebe Doris,
Deine Worte haben mich ins Herz getroffen und nun lass ich die Tränen fliessen….. und es fühlt sich heilsam an….. Danke für dieses Anrühren…..
Dieser Text – er lädt zur stillen Einkehr ein – auch zum tiefer FÜHLEN…
Gebe jetzt ein von Herzen kommendes DANKE zu Ihnen auf die Reise,
Viola
Liebe Dorothee,
welch wunderbare Worte – Danke, Danke, Danke!!!
Danke für die Erinnerung, dass Morgen nicht irgendein Tag ist, sondern Karfreitag, zwischen Gut und Böse, geheiligt und verrufen. Danke, für die Erinnerung ihn bewusst wahrzunehmen und liebevoll mit ALLEM umzugehen, was auftaucht – egal ob mit Menschen, die sich über diesen Tag aufregen oder andere, die den alten Gebräuchen nachgehen und mit mir SELBST.
DANKE Dir liebe Dorothee 🧡🙏
Danke dir, Dorothee, für diesen wichtigen Beitrag. Ich habe es vergangenes Jahr das erste Mal besonders stark gemerkt, diese Karfreitagsenergie. Ich war anders, traurig, tief bedrückt. Im Austausch mit einer Freundin konnten wir es verorten, es mehr als das „nur unser Eigenes“ sehen und einordnen, das war hilfreich, so, wie du es auch schreibst.
Für den diesjährigen Karfreitag habe ich mir bewusst nichts vorgenommen im Außen, sondern vielmehr, im Innen aufzuräumen und nachzudenken: Den Kleiderschrank sortieren, den Keller. Das Verabschieden, was nicht mehr trägt, nicht im Sinne von „nur ausmisten“, sondern vielmehr in der Art von: Wo ist etwas von mir gestorben oder beendet, das ich nicht weitertragen kann? Um so die Osterwandlung auf ganz persönliche Weise zu zelebrieren: Erst etwas wegzuwerfen, weiterzuschenken, auszusortieren, um dann das Neue willkommenzuheißen, das Bestehende neuzuordnen. Ich bin gespannt, wie das im Kontext von diesem Tag ist. Herzlich, Sabrina
Liebe Dorothee,
das erklärt sehr schön meine heutige Stimmung und lässt mich liebevoller draufschauen.
Herzlichen Dank für diesen wertvollen Beitrag und alles Liebe für die kommende Zeit 🙏🫶☀️🍀
Ihr Lieben, wie schön und berührend ist es, eure Kommentare zu lesen. Ich freue mich über diesen Austausch und die Ausweitung der Perspektive. Mögt ihr alle einen für jede/n genau richtigen und sinnvollen und gesegneten Karfreitag erleben… Dorothee
🙏✨️💜💙🩵💚💛🧡❤️✨️🙏
Es ist wie es ist und ich bin zufrieden.
Danke Du liebe 💗
Dieses Jahr Ostern wollte ich nicht „Rumeiern“ . Ich bin in der Eifel im
Kloster Steinfeld und nehme an einem Seminar zum Thema Tod und Auferstehung teil.
Ich wurde bisher durch Gesang, Texte und gutes Essen so reich beschenkt und ich bin zufrieden.