Ein Gebet
Mach mich nachdenklich, aber nicht schwermütig, hilfsbereit, aber nicht bestimmend. Angesichts meines großen Reichtums an Lebensweisheit scheint es bedauerlich, nicht alles nützen zu können, aber du weißt, Herr, dass ich schließlich doch ein paar Freunde behalten möchte. Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und hilf mir, die Dinge auf den Punkt zu bringen.
Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu – und die Lust, sie zu beschreiben, wächst von Jahr zu Jahr. Ich wage es nicht, um so viel Gnade zu bitten, dass ich die Erzählungen anderer über ihre Schmerzen mit Freuden anhöre, aber hilf mir, diese mit Geduld zu ertragen.
Ich wage es nicht, ein besseres Gedächtnis zu erbitten, dafür aber zunehmende Bescheidenheit und abnehmende Selbstsicherheit, wenn meine Erinnerung mit der anderer in Widerspruch zu stehen scheint. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann.
Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Ich möchte keine Heilige sein – mit manchen von ihnen lebt es sich so schwer.
Lehre mich, Gutes an unerwarteten Orten zu sehen und ungeahnte Talente in anderen zu entdecken – und verleihe mir, o Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.
Amen.
~das Gebet von Teresa von Avila aus dem 16. Jahrhundert, ein Lieblingsgebet von Kardinal König~
das ist ein Gebet von Teresa von Avila (etwas ins neudeutsche übersetzt)
Danke für den Hinweis