Empire me: Der Staat bin ich!
Wer hat sich noch nie vorgestellt, aus seinem Alltag auszubrechen und ein völlig neues Leben zu beginnen? Der Traum von Utopia, vom besseren Leben im irdischen Paradies wird von Menschen seit jeher und in immer neuen Versionen geträumt. In letzter Zeit werden immer häufiger Gegengesellschaften gegründet – Hunderte Do-it-yourself-Staaten als eigene kleine Welten. In seinem Dokumentarfilm Empire Me – Der Staat bin ich (heute um 24.00 Uhr bei arte) unternimmt Paul Poet – selbst Veteran alternativer Netzwerke und sozialer Experimente – eine Reise zu sechs dieser Gegenwelten, die die unterschiedlichen Strömungen dieser weltweiten Bewegung aussagekräftig repräsentieren. Dabei erkundet er mit seinem Team nicht nur die verschiedenartigen Visionen, von denen sich die Gegenwelten und ihre Macher leiten lassen. Sondern sie suchen vor allem nach dem gemeinsamen menschlichen Bedürfnis, das sie vereint: die Sehnsucht nach Bedeutung, Anerkennung und Gemeinschaft in einem zunehmend unüberschaubaren Weltgefüge.
Dabei besuchte der Filmemacher die Hochseeplattform Sealand, die australische Farm Hutt River, die spirituelle Gemeinschaft Damanhur in Italien, die ZEGG-Lebensgemeinschaft in der Nähe von Berlin, den Kopenhagener Freistaat Christiania und die schwimmenden Städte von Serenissima. Sie sagen wie tausende anderer Freidenker der neuen Weltordnung den Kampf an. Sie annektieren ganze Landstriche und Stadtviertel. Sie produzieren eigene Gesetze, Sprachen, Briefmarken und Geldnoten. Die Populationen reichen von 1 bis 500.000 und kommen aus den verschiedensten Schichten und Ideologien, welche die unterschiedlichen Strömungen der Bewegung aussagekräftig repräsentieren.
Der Dokumentarfilm macht deutlich: Im 21. Jahrhundert ist Aussteigen gleichbedeutend mit Einsteigen. Die Existenz als Gegenwelt bedeutet heute ein Leben als potenzierte Ich-AG, fordert hochklassiges soziopolitisches Kulturmanagement, weltweite Vernetzung, wirtschaftliche Nachhaltigkeit, dezentrale Bündnisse. Und vor allem verlangt sie das ständige Austricksen der etablierten Machtsysteme und Autoritäten, mit denen man sich in permanentem Kriegszustand befindet. Was bei diesen Gegenwelten auf den ersten Blick bunt, charmant oder skurril wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als sympathisch exzentrische Kampfansage von gewöhnlichen Menschen, die sich von der neoliberalen Weltordnung in die Enge gedrängt fühlen. Mit ihren realpolitischen Schildbürgertaten eröffnen sie dabei Wege, sich nicht als ohnmächtiges kleines Rädchen der Post-Demokratie zu fühlen. Ganz nach dem Motto: Wenn dir deine Welt nicht passt, bau dir deine eigene!