Rücklicht: Dieter Hildebrandt
Er war einer der ersten Kabarettisten, den ich meinem Leben kennen und bis zuletzt schätzen lernte: Dieter Hildebrandt. Nun ist er im Alter von 86 Jahren verstorben. Hier eine Kostprobe seines Könnens: „Kernkraftwerke hinzustellen, ohne zu wissen, wo der Atommüll endlagert werden kann, ist wie das Abziehen einer Handgranate bevor man weiss, wo man sie hinwerfen wird.“ Zuletzt engagierte sich Hildebrandt bei störsender.tv, einem mit Crowdfunding finanzierten Internet-TV-Projekt, die ihn jetzt würdigen (Bild oben).
Sein letztes Buch Nie wieder achtzig! beschäftige sich mit dem Älterwerden: »Es kann kein Zufall sein, dass ich achtzig bin. Schon lange habe ich es kommen sehen. Meine Fluchtversuche hatten keinen Erfolg. Diese Reisen. Kreuz und quer durchs Land. Aber jeden Abend saß eine merkwürdige Person auf meiner Bettkante und krähte vergnügt: ›Naamd.‹
Auf die Frage, was dieses krumme, verhutzelte Geschöpf auf meinem Bett zu suchen habe, quietschte es und konnte sich vor Lachen kaum halten: ›Ich bin schon mal vorgefahren.‹ und dann prustete es: ›Ich bin dein Alter, Junge.‹ Meinem Alter scheint es nicht ernst mit mir zu sein.
Es lacht sich halb tot, wenn ich erzähle, wie ich mich jung halte. Dass ich früh im Tau zu Berge radle, durch Wälder mich joggend quäle, dabei den Eindruck erwecke, als wären meine Glieder nach einem Totalcheck falsch zusammengesetzt worden und würden leise flehen:
›So viel Gesundheit überlebst du nicht. Lass uns in Ruhe, wir haben noch ein hartes Stück Leben vor uns.‹«
Danke und gute Reise!
Zur Person: Geboren am 23.05.1927 in Bunzlau/Niederschlesien. Grundschule, dann Oberschule bis zum Jahre 1943. Von 1943-1944 Luftwaffenhelfer in Berlin. Nach 4 Monaten Arbeitsdienst Einberufung zur Wehrmacht. Am 8.Mai 1945 in amerikanischer bzw. englischer Gefangenschaft. Entlassung im Sommer 1945 in Hannover. Findet seine Eltern wieder im Oktober und zieht nach Windischeschenbach/Oberpfalz in Bayern. Abitur 1947 in Weiden/Oberpfalz, dann Studium der Theaterwissenschaften und Literatur in München. (1950-1955) Gründung des Studentenkabaretts „Die Namenlosen“ in München – Schwabing. Danach zusammen mit Sammy Drechsel Gründung der „Münchner Lach und Schießgesellschaft“. 1972 Auflösung des Emsembles. Arbeitet für Rundfunk und Fernsehen. Von 1973-1979 Moderator und Mitautor der ZDF-Sendereihe „Notizen aus der Provinz“. Von 1974-1982 „Autorenkabarett“ mit Werner Schneyder. Von 1980 bis 2003 SFB-Sendung „Scheibenwischer“. Seit Ende 2012 engagiert sich Hildebrandt bei störsender.tv, einem mit Crowdfunding finanzierten Internet-TV-Projekt.